Die Pizzica ist ein Volkstanz der Region Apulien, einschließlich dem Gebiet zwischen Taranto und Salento Leccese. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war dieser Tanz jedoch in ganz Apulien unter verschiedenen Namen weit verbreitet. Dieser Tanz gehört zur großen traditionellen Familie der „Tarantelle“.
Geschichte der Pizzica
Das Wort „Pizzica“ erscheint zum ersten Mal in einem Schriftstück aus dem Jahre 1797, das sich auf eine Ballnacht zu Ehren von König Ferdinando IV. Von Bourbon bezieht, der damals die Stadt besuchte. Im 19. Jahrhundert war die Pizzica untrennbar mit therapeutischen Praktiken verbunden, die aus Tanz und Musik bestanden und typisch für „Tarantismus“ waren, gemäß einer Tradition, die bereits im 14. Jahrhundert entstanden ist. Der Tarantismus bezieht sich auf das Phänomen der „Tarantolati“, Menschen, deren Krankheit auf den „Biss“ einer Tarantel – der Lycosa Tarantula – oder den eines Skorpions zurückgeführt wurde. Die Pizzica und ihre Musik wurden als Heilmittel gegen die Wirkung des Giftes verwendet.
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde dieser Tanz von Instrumenten wie zum Beispiel der italienischen Sackpfeife begleitet, vor allem aber von der Geige und der Mandoline, vom Tamburin und vom Akkordeon.
Die Pizzica war schon immer der Tanz par excellence für Volksfeste und begleitete gleichzeitig die Rituale des Tarantismus. Im diesem Fall wurde die Pizzica von Orchestern begleitet, deren Hauptinstrumente das Tamburin und die Geige waren und die mit ihrem frenetischen schnellen Rhythmen die „Dämonen austreiben“ und die Frauen, die unter der Tanzwut litten, heilen sollten.
Noch heute steht die Pizzica im Mittelpunkt wichtiger Studien, die sie mit der klassischen griechischen Antike, dem Mythos von Arachne und dem Dionysoskult verbinden.
Der Tanz
Die Pizzica ist ein Paartanz, der aber nicht als „Umwerbungstanz“ entstanden ist. Er wurde nicht nur von einem Mann und einer Frau getanzt, sondern auch von Verwandten und Freunden und konnte auch eine Herausforderung darstellen, wenn er von zwei Männern getanzt wurde. Diese letzte Version war vor allem in der Stadt Ostuni (in der Provinz Brindisi) gebräuchlich, wo die Pizzica bei den Männern Anlass zum Spott bot. Die traditionellen Formen der Pizzica variieren je nach Region und unterscheiden sich von der „Neo-Pizzica“, die seit den 80er Jahren wieder in Mode gekommenen ist und eine neu erfundene Form des antiken Tanzes darstellt.
Die traditionelle Pizzica gehört zur großen Familie der südlichen Tarantelle mit einem reichen Bestand an Haltungen, Figuren und ritualisierten Gesten, die typisch für den ländlichen Raum sind. Die Neo-Pizzica hingegen nutzt einen Teil dieser Sprache, indem sie sie neu interpretiert, wodurch sie flexibler wird und sich mit den Emotionen der Tänzer verbindet. Die „Pizzica a Scherma“ war eine besondere Version der Pizzica, die ein Messerduell nachahmte.
Vom Tarantismus zum Festa della Taranta
Das Phänomen des Tarantismus gehört mittlerweile nur noch zum kulturellen Gedächtnis in der apulischen Tradition. In Salento wird der Pizzica jedoch weiterhin sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. In den letzten Jahren ist dieser uralte Tanz wieder in Mode gekommen und anthropologische und volkswissenschaftliche Studien sind erneut stärker in den Fokus gerückt. So ist auch das Festa della Taranta in Melpignano entstanden. Es handelt sich dabei um eine Veranstaltung, die Tausende von leidenschaftlichen Musik- und Tanzliebhabern anzieht, und die seit Jahren auch Musiker von internationalem Rang einbezieht.